
Die Zinkhütte Harlingerode als einst national bedeutendes Hüttenwerk sollte jedem zumindest dadurch geläufig sein, dass nördlich der Landstraße Richtung Oker ein großer und altertümlich wirkender Industriekomplex steht.
Da tritt schnell in den Hintergrund, dass in Harlingerode auch Bergbau stattfand. Die Grube Hansa, manchmal auch Hansastollen genannt, förderte am Langenberg von 1861 bis 1960 rund drei Millionen Tonnen Eisenerz. Fast alle Bestandteile dieser Anlage sind zurückgebaut, doch die Erinnerung lebt fort.
Hinweis: An dieser Stelle danken wir der Bad Harzburg Stiftung für ihre freundliche Genehmigung zur Nutzung einige ihrer Bilder. Mehr zeitgenössische Aufnahmen finden Sie hier!
Die Informationen aus diesem Text entstammen zum großen Teil der Recherche von Alfred Breustedt, der im Jahr 2003 seinen Beitrag zum Ortskundebuch 950 Jahre Harlingerode. 1053 - 2003. leistete. Ihm gilt hierfür gesonderter Dank.
Geologischer Hintergrund
Die heute weitgehend ausgebeuteten Eisenerzvorkommen und Nebengesteine der Grube Hansa entstanden aus Sedimenten, die sich am Langenberg im oberen und mittleren Jura vor über 150 Millionen Jahren ablagerten. Diese Gesteinsschichten wurden später durch den Harz überkippt, der sich in vorgeschichtlicher Zeit aufrichtete. Unter Geologen ist dieses spezielle Phänomen weithin als Harznordrandstörung bekannt.
Gründung
Die Erzbergbaugeschichte begann in Harlingerode im mittleren 19. Jahrhundert durch einen Bergingenieur namens Wilhelm Castendyck. Zwischen 1859 und 1861 führte er im heutigen Stadtgebiet von Bad Harzburg geologische Untersuchungen aus, aus denen sich ergab, dass mehrere Gebiete am Langenberg über Eisenerzvorkommen verfügten. Der Geschäftsmann Hermann Heinrich Meier investierte anfangs in die Erschließung dieser Eisenerzvorkommen am Langenberg. Das genaue Eröffnungsdatum der Grube Hansa ist aus den dem Autor bekannten Quellen nicht nachvollziehbar und widersprüchlich.
Diese Unsicherheit liegt auch daran, dass es mehrere Eisenerzlager am Langenberg gab:
Das Hühnerkamplager am Nordwestende des Langenbergs mit Brauneisensteinkonglomerat. Der Hühnerkamp ist heute ein Waldstück, das sich südlich der Abfallentsorgungsanlage am Heiligenholz und nördlich des Kalksteinbruchs Langenberg befindet.
Das Hermannslager am Nordhang des Langenbergs, ebenfalls mit Brauneisensteinkonglomerat. Ungefähr hier befindet sich das heute als "Grube Hansa" bekannte Gelände an der Göttingeröder Straße.
Das Hansalager am Südhang des Langenbergs mit oolithischem Eisenerz. Das Gelände ist im Bild oben gezeigt, befand sich etwa 300 Meter südwestlich der Kurve Kreisstraße/Göttingeröder Straße auf dem Langenberg und ist vollständig abgerissen.
Am Hühnerkamplager wurden nur äußerst geringe Erzvorkommen geschürft. Das Lager musste kurz nach der Erschließung durch eine Tagesstrecke wegen Störungen durch Querverwürfe aufgegeben.
Das Herrmannslager wurde im Jahr 1860 erstmals erwähnt. Im Jahr darauf wurde in Schlewecke die Mathildenhütte gegründet. Sie wurde am 15. August 1861 durch Hermann Meier eröffnet und befand sich östlich der Radau und nördlich der Bahnhofstraße zwischen Schlewecke und Westerode.
Um 1910 entstand eine Drahtseilbahn mit hohen Masten von der Grube Hansa zur Mathildenhütte. Sie verlief in Harlingerode in etwa parallel zu den Straßenzügen "In der Nachthude" und "Am Langenberg".
Aufschwung ab dem Zweiten Weltkrieg
Eine etwa 300 Meter lange Kettenbahn wurde um 1939 errichtet, um die Erze an einem Anschluss südlich vom alten Bahnhof am nördlichen Stummel der Landstraße zu verladen. Diese Kettenbahn umspannte zu dieser Zeit die Landstraße. Im Gegenzug wurde die Drahtseilbahn zur Mathildenhütte um 1943 abgebaut und im heutigen Polen wiedererrichtet.


Ab 1960: Nach der Schließung
Aufgrund zunehmender Unrentabilität war nach dem Krieg die Stilllegung absehbar, auch wenn bis zuletzt noch einzelne Modernisierungen vorgenommen wurden. Die Grube Hansa stellte ihren Betrieb offiziell am 23. August 1960 ein.
Förderturm auf dem Langenberg
Der Förderturm der Grube Hansa auf dem Langenberg, der sich westlich der inoffiziell Petersburg genannten Siedlung in der Kurve nördlich von Göttingerode befindet und das Titelbild dieses Posts ist, wurde im Mai 1962 gesprengt. Das Gelände ist heute nicht mehr öffentlich zugänglich und Teil des Kalksteinbruchs Langenberg.
Grubengelände Hansa (Göttingeröder Straße)
Das Gelände der Grube Hansa westlich der Göttingeröder Straße befindet sich mittlerweile im Besitz von Privatpersonen. Diese nutzen das Gelände im Mischbetrieb als Wohn- und Gewerbeanlage. Das östliche Gebäude Göttingeröder Straße 9 wird (Stand: 2022) von der Firma T3 Bulli-Ochsen betrieben.
Göttingeröder Straße (Zwischen Grubengelände und Landstraße)
Nachdem der Bau eines um die Straßenzüge Klagesstraße und Siedlerstraße vergrößerten Gewerbegebietes nördlich der Landstraße auf dem Gelände der brachliegenden Nordharzer Holzwerke (ehem. Sägewerk Klages) scheiterte, beschloss die Stadt Bad Harzburg, auf der grünen Wiese das Gewerbegebiet Ellernwiesen – also die Straßen Am Finkenbrink und die Bebauung westlich der Göttingeröder Straße – zu errichten. Dadurch siedelten sich die Firmen LaboMed und Sauer Licht- und Werbetechnik bis Mitte der 1990er-Jahre auf dem Areal der Kettenbahn südlich der Landstraße an.
Erzverladung (Zwischen Landstraße und Bahnstrecke)
Die Kettenbahn über die Landstraße zur Verladerampe und alle Anlagen der Ausweichanschlussstelle zur Verladung der Erze wurden kurz nach der Stilllegung abgerissen. Im Jahr 1963 erwarb das Granitwerk Sievers aus der Bad Harzburger Kernstadt das brachliegende Gelände der Erzverladung, nachdem ihr Gelände dem autogerechten Durchbruch der vierstreifigen Bundesstraße 4 weichen musste. Das Unternehmen errichtete auf dem Gelände eine erste Produktionshalle und stieg in den 70er- und 80er-Jahren zu einem Hidden Champion in der Bundesrepublik Deutschland auf. Nach Stilllegung des Sievers-Werks nach 2000 siedelten sich auf dem Bereich weitere Unternehmen an. Seit 2021 firmieren mehrere Unternehmen auf dem historischen Erzverladegelände unter dem Label "Gewerbepark Landstraße 51".
Erinnerung
Am 2. September 2022 nahm der Regionalverband Harz die Grube Hansa als neuen Geopunkt in ihr Portfolio auf.
Weitere Links:
Wikipedia-Eintrag mit Allgemeininformationen zum Bergwerk (Link)
Schautafel des Regionalverbandes Harz zur Grube Hansa (Link)
Literatur und weitere Quellen
Harald Meier, Kurt Neumann: Bad Harzburg. Chronik einer Stadt, 2000. S. 640.
Landkreis Goslar: Neuaufstellung des Bebauungsplans "Ellernwiesen", 2013.
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